Ein Mensch. Zwei Leben.
Ein Körper. Zwei Seelen.
Ein Kopf. Zwei Phantasien.
Ein Gesicht. Zwei Gesichter.
Zwei Persönlichkeiten.

Ja – es gibt sie: die Parallelwelten. Tausende. Millionen. Und nur einen Blick von uns entfernt entfalten sie nach eigenen Gesetzmäßigkeiten eine unvorstellbare Dynamik, kreieren eine große Artenvielfalt und liefern neue, überraschende visuelle Inhalte, Aussagen und Bildsprachen. Aber wir können diese Welten oft nicht wahrnehmen, obwohl wir sie sehen. Zu verborgen präsentieren sie sich direkt vor unseren Augen – und zu verstellt ist unser Blick.

Für die künstlerische Arbeit eine große Hürde: Oft beschrieben als der „richtige Augenblick“ oder der „entscheidende Moment“ liegt die Wahrheit doch zunächst in der Entdeckung dieser Welten, im Heben des Blickes, im wortwörtlichen Sinne Erweitern des Horizonts.

Mit „Parallel Universe“ zeigen CAMERADOS die Welt als Bühne. Mit Schauspielern, die jeden Tag aufs neue proben. Und sich dessen nicht bewusst sind. Das kann komisch sein. Das kann bitter sein. Immer aber ist es wahr.

Öl. Adern. Kaltes Eisen. Bizeps. Trizeps. Zuviel Brust.
Und ein Lächeln.
Futtern. Quälen. Bluten. Davor. Danach. Und überhaupt.
Ein Lächeln.
Doppel-Bizeps und Most-Muscular mit Schmerzen. Kraft der Posen. Nackt - der Applaus. Danke.
Lächeln.

Schlägertypen. Nasenbeinbruch. Blutgeruch.
Medienspektakel mit Dr. Faust, der Gentleman im Ring, Champagner in der VIP-Lounge.
Kopfstoß, böser Cut, Tiefschlag.
Schmerzen.
Kraft.
Stärke.

Boxen ist gesellschaftsfähig. Dank eines gigantischen Marketings. Boxer mit richtigem „Positioning“ und gut lesbarem Etikett – geht immer! Aber wehe, wenn der Boxer, der Athlet nicht richtig funktioniert. Im richtigen, im normalen Leben. Wenn er haut, beisst, schimpft, spuckt und blutet. Wenn er lebt.

„Truth!“ sind Portraits junger Box-Amateure nach dem Kampf. Kein Styling, kein Marketing, sondern frontal, ehrlich, ungeschönt. Und voller Respekt. Keiner von uns würde sich das trauen.

Nicht so. Nicht so oft. Nicht so hart.

Starsky & Hutch. Redford. Und die Straßen von San Francisco.
Taxi Driver. Shaft. Crosstown Traffic.
Car Wash. Heaven in the backseat of my Cadillac!
Oder war es ein Buick? Ein Dodge? Ein Ford?

Im Fokus der fotografischen Arbeiten „The Fun Never Ends“ stehen Pornomessen – und ihre offensichtlichen, aber auch latenten Gegensätze und Widersprüche: Die subtile Visualisierung und starke grafischen Verfremdungen zeichnen mit bunten Farben die entlarvende Tatsache nach, dass Pornografie als visuelle Industrie agiert, die Sex in erster Linie missbraucht – als Scheinwelt mit Lösungsgarantie und Erfolgsversprechen für unterdrückte männliche Frustration und gelebte Verklemmtheit.

CAMERADOS nutzen dieser Vermarktungsstrategie folgend die Mechanismen werblicher Kommunikation, um visuelle Trojanische Pferde zu präsentieren. So schieben sie dem Betrachter heimlich einen Moment der Wahrheit unter. Freundlich, aber unbarmherzig.

Der erste Blick täuscht, denn „The Fun Never Ends“ zelebriert nicht die Schönheit der Erotik-Industrie, sondern durchschneidet die Realität mit einer scharfen Erkenntnislinie aus gefälligen Bildern. Das Spektrum ist weit gefasst: Mal liegt der Schwerpunkt der Arbeiten auf visuellem Humor, auf eingefrorener Situationskomik, dann wieder unvermittelt auf plakativer Darstellung unbequemer Inhalte.